Die Kreislaufwirtschaft und „Embodied Carbon“, zwei Seiten einer Medaille

Theo Meslin, Sustainability Consultant, Longevity Partners

 

Die Idee der Kreislaufwirtschaft existiert schon lange, wird aber erst seit Kurzem immer häufiger thematisiert. Als ein grundlegendes Prinzip der Natur kann die Kreislaufwirtschaft auch als ein schon immer da gewesenes Konzept verstanden werden. Alles was aus der Erde entsteht, kehrt schließlich auch wieder zur Erde zurück. Das Konzept der Kreislaufwirtschaft als Gestaltungsprinzip hat sich in den letzten Jahren ebenfalls weit verbreitet und wurde sogar in die Politik aufgenommen. So verlangt beispielsweise die Greater London Authority (GLA) von größeren Bauprojekten eine Erklärung in der erläutert werden muss, wie die Kreislaufwirtschaft in der ersten Planungsphase berücksichtigt und während des Baus umgesetzt wurde. Einige wichtige Beispiele für die Kreislaufwirtschaft und zirkuläres Design finden sich in Methoden wie „Cradle to Cradle“ (Wiege bis zur Wiege), die in diesem Longevity-Artikel vorgestellt und die wichtigsten Bausteine dieser Methode sowie die damit verbundenen Vorteilen erklärt werden.

Dieser Artikel befasst sich jedoch mit einem der wichtigsten Themen, die unsere gesamte Existenz bedroht: die globale Erd-Erwärmung. Wie der Titel dieses Artikels bereits andeutet, sind die Kreislaufwirtschaft und „Embodied Carbon“ eng miteinander verbunden.

 

Aber was ist „Embodied Carbon“? Und warum ist er wichtig?

Vereinfacht ausgedrückt, steht „Embodied Carbon“ für alle von einem Produkt verursachten Kohlenstoffemissionen, die nicht direkt mit seiner Nutzung verbunden sind. Bei einem Gebäude liegt der Schwerpunkt oft auf den Kohlenstoffemissionen, die durch den Betrieb und den Energieverbrauch verursacht werden, während der verkörperte Kohlenstoff die Kohlenstoffemissionen betrachtet, die bei der Herstellung des Gebäudes selbst entstehen. Dies umfasst die Gewinnung der verwendeten Rohstoffe, ihren Transport zu einer Produktionsstätte, ihre Verarbeitung zu spezifischen Produkten, den Transport der Produkte zur Baustelle und den Bauprozess selbst. [1] Embodied Carbon betrachtet auch die Emissionen am Ende des Lebenszyklus, d. h. den Abriss des Gebäudes, den Transport von Materialien zu den Verarbeitungsanlagen, die Materialverarbeitung und schließlich die Deponierung oder Recycling. Dies kann als Teil der Scope-3-Emissionen einbezogen werden, die in diesem Artikel ausführlicher beschrieben werden, aber ein Hauptunterschied zwischen diesen beiden Prinzipien ist ihr Fokus. Emissionsbereiche konzentrieren sich auf ein Unternehmen und seine Prozesse, während sich Embodied Carbon auf ein Produkt konzentriert.

„Embodied Carbon“ spielt eine wichtige Rolle, da man einen guten Eindruck über den Gesamtkohlenstoffgehalt eines Produkts über dessen gesamte Lebensdauer erhält. Darunter versteht man die Summe aus verkörpertem und betriebsbedingtem Kohlenstoff und erhält so einen Überblick über alle Emissionen während des gesamten Lebenszyklus; von der Materialgewinnung über die Herstellung und Nutzung bis hin zur Entsorgung oder Wiederverwendung.

„Embodied Carbon“ ist von besonders großer Bedeutung im Baugewerbe, einem Sektor, der für fast 40 % der weltweiten energiebedingten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist und in dem der Anteil von Embodied Carbon in den kommenden Jahren voraussichtlich zunehmen wird, während die betrieblichen Emissionen sinken (hauptsächlich dank verbesserter Energieeffizienzmaßnahmen und der Dekarbonisierung der Netze) [2]. Ohne Berücksichtigung von „Embodied Carbon“ könnte es leicht passieren, dass wir vermeintliche „Null-Emissions“-Gebäude, die mit Solarpaneelen bedeckt und mit hochmodernen Energiemanagementsystemen ausgestattet sind, loben, nur um dann festzustellen, dass es während seiner Lebensdauer mehr Schadstoffe ausstößt als ein vergleichbares Gebäude mit weniger effizienten Systemen und weniger Solarpaneelen – und das alles nur, weil diese entscheidende Messung von „Embodied Carbon“ übersehen wurde.

 

Wie passt Embodied Carbon in das Konzept der Kreislaufwirtschaft?

Bei der Anwendung der Prinzipien des Kreislaufdesigns geht es darum, den Kreislauf zu schließen, indem der Output eines Systems mit dem Input eines anderen verbunden wird. Auf diese Weise wird Abfall in Wert umgewandelt, und die Verwendung neuer Materialien wird vermieden. Dadurch werden unweigerlich mehrere Schritte in der Wertschöpfungskette eingespart, insbesondere die kohlenstoffintensive Gewinnung von Rohstoffen. Noch gravierender ist es, wenn man die Wiederverwendung anstelle des Recyclings betrachtet, da in diesem Fall alle drei ersten Stufen des Lebenszyklus eines Produkts (Materialgewinnung, Transport zu einer Produktionsstätte und Herstellung des Produkts) entfallen. Wenn man bedenkt, dass diese drei Phasen den größten Beitrag zum verkörperten Kohlenstoff leisten, wird deutlich, wie die Kreislaufwirtschaft unweigerlich die Kohlenstoffemissionen reduziert.

Dies gilt auch für andere Kernprinzipien des Zirkulär Design, wobei die Abfallvermeidung immer die bevorzugte Option ist und die Lebensdauer eines Produkts so weit wie möglich verlängert wird. Beide Prinzipien reduzieren, die von einem Produkt erzeugten Kohlenstoffemissionen, entweder durch eine verringerte Verwendung von „neuen Materialien“ zur Herstellung eines Produkts, oder durch den Versuch, die Lebensdauer eines bestehenden Produkts zu verlängern.

 

Zwei Fliegen, eine Klappe

Aus dieser Perspektive kann die Kreislaufwirtschaft als ein „ganzheitlicher“ Ansatz verstanden werden, der es uns ermöglicht, zwei sehr wichtige Themen gleichzeitig anzugehen. Zum einen können wir unseren Beitrag zur globalen Erwärmung verringern, und zum anderen lässt sich die Verwendung und Verschwendung der begrenzten Materialien unseres Planeten reduzieren.
Das Schlüsselkonzept, das der nachhaltigen Entwicklung zugrunde liegt, lässt sich wie folgt definieren: „Unsere Fähigkeit, die Bedürfnisse der Gegenwart zu befriedigen, ohne die Bedürfnisse künftiger Generationen zu beeinträchtigen“[3]. Der Rückgriff auf begrenzte Materialien ist mit Sicherheit nicht nachhaltig und für künftige Generationen ist es wichtig, dass wir lernen, die Wiederverwendung und das Recycling solcher Materialien zu verbessern und verstärkt auf regenerative, natürliche Materialien zurückgreifen.

 

Nach dem Vorbild von Mutter Natur 

Natürliche Materialien sind ein ideales Element für die Einbeziehung in die Kreislaufwirtschaft. Da die Natur den Kreislauf vom Wachstum natürlichen Materialien bis zu ihrem Lebensende selbst schließt, muss der Mensch lediglich lernen diesen natürlichen Ablauf zu respektieren. Ein Beispiel für den Verstoß gegen diesen natürlichen Ablauf ist die Entsorgung biologisch abbaubarer Materialien auf Mülldeponien. Dies führt dazu, dass organisches Material zu Methan [4], einem starken Treibhausgas, zersetzt werden, ohne dass die Nebenprodukte dieser Zersetzung die Möglichkeit haben, weiteres Leben zu fördern.

Ein weiterer Vorteil der Verwendung biobasierter Materialien, vor allem wenn man an das Ende des Lebenszyklus dieser Materialien denkt, ist die Kohlenstoffbindung. Das Pflanzen von Bäumen zum Ausgleich von Kohlenstoffemissionen wurde in den letzten Jahren kritisch beäugt5, aber wenn der gebundene Kohlenstoff in einem Gebäude mit einer garantierten Lagerdauer von mindestens 60 Jahren und einer rücksichtsvollen Entsorgung am Ende der Nutzungsdauer gespeichert würde, wäre dies dann nicht die bevorzugte Option? Die Quelle für diese Materialien müssen auch nicht unbedingt Bäume sein; schnell wachsende Pflanzen wie Hanf wurden effektiv als Baumaterial für die Herstellung von Ziegeln und Mörtel verwendet, was eine effektive Kohlenstoffbindung und -Sequestrierung mit hoher Geschwindigkeit ermöglicht [6]. 

 

Den Kreislauf schließen

In diesem Artikel wurde aufgezeigt, warum der verkörperte Kohlenstoff so wichtig ist, warum die Kreislaufwirtschaft eines unserer wichtigsten Instrumente ist und warum dieser Ansatz uns so viel über unsere Welt, unsere Gewohnheiten und den nachhaltigen Weg für Design und Innovation lehrt. Die lineare Wirtschaft ist per Definition endlos, jedoch sind wir auf dem Weg, die Reserven unseres Planeten, aufzubrauchen und diese Linie in den Kreis zu verwandeln.

Wir helfen unseren Kunden, die Kreislaufwirtschaft in Betracht zu ziehen, sei es durch die Erstellung einer Strategie für die Kreislaufwirtschaft oder durch die Unterstützung bei der Umsetzung von Kreislaufprinzipien in ihren neuen Entwicklungen, um so den verkörperten Kohlenstoff zu reduzieren. Um mehr über Kreislaufwirtschaft und die von uns angebotenen Dienstleistungen zu erfahren, klicken Sie bitte hier. 

 

 

 

[1] Circular Economy Statement Guidance | GLA (london.gov.uk)

[2] How much carbon does the construction industry emit? | World Economic Forum (weforum.org)

[3] Sustainable Development (unesco.org)

[4] What is a landfill? Why are landfills bad for the environment? | Unisan UK

[5] The biggest problem with carbon offsetting is that it doesn’t really work | Greenpeace UK

[6] Hemp Carbon Footprint – Hemp New Zealand™ (hempnz.co.nz)

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