Energie-Effizienz: Der stille Held von Net Zero Carbon

Anneli Tostar, Laure Ferrand, Tessa Lee, und LeAnna Roaf / Longevity Partners & The Climate Group   

Am Mittwoch dem 26. Mai trafen sich führende VertreterInnen der Baubranche zu einem Webinar, um sich für die Bedeutung von Energieeffizienz zur Erreichung von Dekarbonisierung-Zielen auszusprechen. Unter den Teilnehmenden waren Ruairi Revell von Aberdeen Standard, Lauren Krause von Grosvenor North America, Natalie Teear von Hudson Pacific Properties, Elizabeth Kelly von der City of New York und John Kovach von Siemens. Longevity und Climate Group haben die wichtigsten Erkenntnisse des Treffens für Sie zusammengefasst. 

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Für den Privatsektor ist es mittlerweile selbstverständlich, Nachhaltigkeit und Klimawandel bei unternehmerischen Aktivitäten zumindest zu berücksichtigen. Ehrgeizige offizielle Verpflichtungen, wie zum Beispiel die Erreichung von Science-Based Targets oder RE100-Zielen, bleiben jedoch weiterhin Vorreitern vorbehalten. 

Mehr als 300 verschiedene globale Unternehmen haben sich dazu verpflichtet, 100 % des Stroms, den sie für ihren Betrieb benötigen, aus erneuerbaren Quellen zu beziehen. Dies soll in Übereinstimmung mit den strengen Standards der RE100-Kampagne der Climate Group erfolgen. Viele dieser Unternehmen, die großen Wert auf Klima und Nachhaltigkeit legen, erwägen nun „Netto-Null“- oder Kohlenstoffneutralitäts-Ziele und machen diese sogar publik. 

Obwohl Investitionen in erneuerbare Energien ein wichtiger Schritt in Richtung allgemeine Dekarbonisierung sind, wird die wichtige Frage der Energieeffizienz allzuoft übersehen. Die Bewertung und Maximierung der Energieeffizienz von Betrieben sollte vor Investitionen in Kohlenstoffkompensationen für Netto-Null-Strategien stattfinden (hierbei werden Gelder in verschiedene Methoden der Kohlenstoffbindung investiert, wie z.B. das Pflanzen von Bäumen, um ein Unternehmen kohlenstoffneutral zu machen). Denn es wird niemals genügend Bäume geben, um alle Treibhausgasemissionen auszugleichen. Offsets sollten der letzte Ausweg sein, um Restemissionen innerhalb der Übergangszeit zu reduzieren.  

Energieeffizienzmaßnahmen sind aus drei Gründen für eine erfolgreiche Dekarbonisierung unabdingbar:   

1. Es gibt nicht genügend Batteriespeicher, um zu Stoßzeiten ausreichend erneuerbare Energie zur Verfügung zu stellen. 

Bisher erzeugen Solarmodule bekanntlich nur dann Energie, wenn die Sonne scheint, bzw. benötigen Windturbinen Wind. Da diese Energiequellen nicht konstant sind, liefern sie nicht immer Strom zu den Zeiten, in denen der Verbrauch am höchsten ist (morgens und abends). Energiespeicherung ist daher zur Deckung der Nachfrage zwingend erforderlich. Allerdings verfügt die derzeitige Stromnetzinfrastruktur nicht über die erforderlichen Speicherkapazitäten, um rund um die Uhr ausreichend Energie bereitzustellen. Energie über lange Zeiträume zu speichern ist schwierig und Batteriespeichertechnologien oft umweltschädlich. Aus diesen Gründen wird der Gesamtverbrauch auch in Zukunft weiterhin schneller ansteigen, als Speichermöglichkeiten sich weiterentwickeln. Infolgedessen bleiben nicht-erneuerbare Quellen notwendig, um die Nachfrage rund um die Uhr zu decken. 

Die Senkung des Gesamtenergieverbrauchs trägt zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen bei, solange eine Mischung aus erneuerbaren und (meist) nicht-erneuerbaren Quellen benötigt wird. 

 

2. Die Umstellung weg von Erdgas wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen 

Die Zukunft ist elektrisch, da die Umstellung von Gebäuden auf vollelektrische Heizung und Kühlung die Verwendung von Erdgas ersetzen wird. Dieser Umstieg wird jedoch einige Zeit dauern und kann mit erheblichen Vorlaufkosten verbunden sein (selbst wenn der  Rückzahlungszeitraum angemessen ist). 

Solange die Verbrennung fossiler Brennstoffe nötig ist, sollte möglichst wenig Energie zum Heizen und zu Kühlen von Gebäuden verwendet werden. In den USA stammen rund 13% der Treibhausgasemissionen von der Verbrennung fossiler Brennstoffe in Gebäuden (hauptsächlich zum Heizen). Sinkt der Energieverbrauch, verkleinert sich auch der Kohlenstoff-Fußabdruck von Gebäuden. 

 

3. Die Senkung des Energieverbrauchs ist eine kosteneffiziente Art, den Kohlenstoffausstoß zu reduzieren. 

Es gibt viele Möglichkeiten für Unternehmen, ihren Kohlenstoff-Fußabdruck zu reduzieren. Dabei ist es finanziell sinnvoll, den Verbrauch von Anfang an zu reduzieren. Viele Gebäude sind alt, ineffizient und wurden auf Sollwerte programmiert, die nicht mehr zeitgemäß sind. Energieeffizienz-Programme erfordern manchmal Vorabinvestitionen, deren Rückzahlungszeitraum in der Regel finanziellen Sinn ergeben. Beispielsweise reduzierte eine Gebäudeeffizienz-Kampagne des Lawrence Berkeley National Laboratory die kollektiven jährlichen Stromrechnungen der über 100 teilnehmenden Organisationen um $95 MILLIONEN JÄHRLICH. Der Median sparte rund $3 Millionen pro Jahr. Verglichen mit den Kosten, um bereits emittierten Kohlenstoff zu kompensieren (ganz zu schweigen von möglichen Kohlenstoffpreisen), sind die Vorteile eindeutig. 

Die über 100 Mitglieder der EP100-Kampagne der Climate Groups vertreten die weltweit anführenden Unternehmen, was Energiebewusstsein betrifft. Drei dieser EP100-Unternehmensmitglieder (Grosvenor, Hudson Pacific Properties und Siemens) diskutierten gemeinsam mit Longevity Partners und anderen DiskussionsteilnehmerInnen in einem Webinar über die Vorteile von Energieeffizienz-Investitionen bei bestehenden Gebäuden. 

Die Net Zero Carbon Buildings (NZCB) Verpflichtung – geleitet von der Climate Group und dem World Green Buildings Council – ist einer der Hauptwege für den Beitritt zu EP100. Dabei werden Unternehmen aufgefordert, bis 2030 für alle Anlagen unter ihrer direkten Kontrolle einen Netto-Null-Kohlenstoffausstoß zu erreichen und sich dafür einzusetzen, dass alle Gebäude bis 2050 einen Netto-Null-Kohlenstoffausstoß im Betrieb aufweisen. Eine drastische Reduzierung des betrieblichen Kohlenstoffs bestehender Gebäude ist dringend notwendig, damit die Klimaerwärmung unter 1,5 Grad Celsius bleibt. 

 

Wie kommt man also in Sachen Energieeffizienz voran? 

Wie Laure Ferrand während des Webinars erklärte, besteht der erste Schritt darin, den aktuellen Verbrauch zu messen. Bei großen Portfolios können Dienstleister wie Longevity Zielanlagen für Energie-Audits identifizieren. Energie-Audits zeigen die Leistung eines Standorts und Möglichkeiten zur Verbesserung auf. Die Überprüfung kann online oder vor Ort erfolgen. Im Anschluss können Unternehmen einfache Veränderungen an ihrem Gebäudemanagementsystem (BMS) vornehmen, um die absolute Energie zu reduzieren, die zum Heizen, Kühlen und Elektrifizieren des Gebäudes nötig ist. Ferrand erläuterte außerdem, dass die Optimierung von Anlagen Gebäudeemissionen um fast 50 % reduzieren kann, womit Netto-Null für bestehende (nicht nur für neue) Gebäude in Frage kommt. 

Einige Beispiele hierfür sind Projekte von Longevity und RE100-Mitgliedern Credit Suisse in den Vereinigten Staaten, sowie mit Barings auf paneuropäischer Basis. In Zusammenarbeit mit Credit Suisse führte Longevity Energie-Audits auf hohem Niveau für zwei Bürogebäude in Houston, TX und Toronto, Ontario durch. Innerhalb von drei Monaten identifizierte Longevity anlagen- und standortspezifische Energiesparmaßnahmen, die zu jährlichen Einsparungen von über 150.000$ führen können. Longevity verhalf dem Kunden zu realen, greifbare Verbesserungen des Energiemanagements und der Gebäudesysteme. Zudem führte Longevity Dutzende von Energie-Audits für Barings durch, um Bereiche mit Verbesserungspotenzial zu identifizieren. 

Ruairi Revell von Aberdeen Standard Investments teilte mit, dass sein Unternehmen mit der Ecopilot Software zusammenarbeitet, die künstliche Intelligenz nutzt, um sich in das BMS einzuschalten und „Systeme davon abzuhalten, gegeneinander zu arbeiten.“ Dieses PILOT-PROJEKT führte zu einer 29%igen Reduzierung des Gasverbrauchs und einer 15%igen Reduzierung des Stromverbrauchs im Vergleich zum Basisjahr im ersten Jahr bei einem bereits energieeffizienten Gebäude. „Das ist einfaches und gutes Gebäudemanagement“, so Revell. 

Im Hinblick auf Ansätze zur Verbesserung der Energieeffizienz stellte Natalie Teear von RE100 und EP100 NZCB-Mitglied Hudson Pacific Properties fest, dass StakeholderInnen (insbesondere MieterInnen) Energieeffizienz-Initiativen grundsätzlich unterstützen: “ MieterInnen teilen unser Engagement für Nachhaltigkeit. Unsere MitarbeiterInnen und Unternehmenskultur fühlen sich zu Nachhaltigkeit verpflichtet, und unsere Märkte sind in dieser Hinsicht Vorreiter. Nachhaltigkeit ist gut für unser Geschäft.“ Ebenso erwähnte Lauren Krause von EP100 NZCB-Mitglied Grosvenor, dass Gebäudeeffizienz für die National Parks Foundation ein attraktives Merkmal bei der Unterzeichnung von Mietverträgen sei, „sie (MieterInnen) waren wirklich begeistert von der Übereinstimmung mit ihren Werten. Ihr Mieterverhalten unterstützt diese Arbeit“, sagte sie. Die Maximierung der Energieeffizienz treibt also nicht nur die Netto-Null-Kohlenstoff-Ziele von Unternehmen voran, sondern begeistert oft auch Partner, sich zu beteiligen und Gesamtemissionen zu reduzieren. 

Städte in den USA nehmen ebenfalls eine führende Rolle beim Streben nach Energieeffizienz und Kohlenstoffneutralität ein. So verabschiedete New York etwa das lokale Gesetz 97 (LL97) als Teil des Climate Mobilization Act. LL97 setzt Kohlenstoffobergrenzen für die meisten Gebäude, die mehr als 25.000 Quadratmeter groß sind (das betrifft ab 2024 rund 40.000 Wohn- und Geschäftsgebäude). Wie Diskussionsteilnehmerin Elizabeth Kelly aus New York erwähnte, „schätzen wir, dass bis 2030 etwa 80 % dieser Gebäude ziemlich aggressive Kapitalinvestitionen tätigen werden müssen, um die Energieeffizienz zu verbessern und/oder den Verbrauch von fossilen Brennstoffen vor Ort komplett abzuschaffen.“ Ein Beispiel für die ehrgeizigen Ziele der Stadt ist das 1,4-MW-Solarenergieprojekt von Siemens, die GRÖSSTE DACHSOLARANLAGE IN NEW YORK CITY (auf dem JAVITS CENTER). John Kovach von Siemens empfiehlt Unternehmen einen „assess, reduce, produce, procure“-Ansatz für ihr gesamtes Gebäudeportfolio. Lokale Gesetze wie LL97 und die Vorreiterrolle des Privatsektors – wie etwa vom Siemens Solarprojekt verdeutlicht – sind entscheidende Schritte in Richtung des Ziels der Stadt, bis 2050 kohlenstoffneutral zu sein. Dafür sind Energieeffizienz und Kohlenstoffreduzierung der rund 1 Million Gebäude New Yorks erforderlich.  

 

Wenn Ihr ein Unternehmen ein aktuelles RE100-Mitglied ist, und/oder die Beschaffung von erneuerbaren Energien beschleunigen und Kosten reduzieren möchte – oder vielleicht sogar ehrgeizigere Dekarbonisierungsziele wie Netto-Null oder Kohlenstoffneutralität in Betracht zieht – sollte Energieeffizienz auf Ihrem Radar sein.   

Alles in allem ist Energieeffizienz von Gebäuden eine unabdingbarer Bestandteil der Dekarbonisierung unserer Wirtschaft. Teilnehmende Unternehmen des Panels verdeutlichten, dass Investitionen in schnelle Reparaturen – sowie in größere System-Upgrades – zur Erreichung von Klimazielen an Beliebtheit gewinnen. Während sich die Welt „elektrifiziert“ und immer mehr auf erneuerbare Energien setzt, ist die Reduzierung des Energieverbrauchs anhand bestehender Technologien ein erster Schritt, den jedes Unternehmen setzen kann. 

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