ESG-Integration im Immobilienbereich: Das Fehlen einer einheitlichen Verbindung zwischen Datenmanagement, Reporting und Strategie

James Fenna, Senior Consultant – Strategy bei Longevity Partners und Ole Seidler, Senior Sustainability & Energy Analyst bei Longevity Partners Germany

„Was man nicht messen kann, kann man nicht lenken.“ – Peter Drucker

Die steigenden Klima- und ESG-Anforderungen der Investoren stellen Immobilienunternehmen vor immer größere Herausforderungen. Einerseits möchten sie den Erwartungen von Investoren und Gesetzgebern gerecht werden und eine führende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel, Ungleichheit und soziale Diskriminierung einnehmen. Andererseits fehlt es Unternehmen mit umfangreichen Immobilienportfolios oft an einem klaren Ansatz. Im Vergleich zu anderen Branchen, in denen in den letzten zehn Jahren bereits erhebliche Emissionsreduktionen erzielt wurden, tut sich der Immobiliensektor nach wie vor schwer, wenn es um die Verringerungen von Emissionen geht. Die oft komplexen Portfolios und Eigentumsstrukturen erschweren die Nachhaltigkeitsbemühungen im Immobiliensektor erheblich.

Viele Unternehmen im Immobiliensektor beginnen ihre ESG-Reise mit ESG Reporting und Data Management

Durch diesen ersten Schritt können Unternehmen ihre Führungsrolle in Sachen Nachhaltigkeit unterstreichen, nachhaltig orientiertes Kapital anziehen und die Einhaltung von Nachhaltigkeitsvorschriften belegen. Es wird allgemein angenommen, dass ein effektives ESG-Datenmanagement und -Reporting im Laufe der Zeit einen positiven Kreislauf in Gang setzt. Unternehmen können dadurch ihre Nachhaltigkeitsleistung schnell verbessern und gleichzeitig um führende Positionen im Wettbewerb um ESG-Investitionen konkurrieren.

Bereits im Jahr 2006 erkannte der britische Mathematiker Clive Humby die Bedeutung von Daten als „neues Öl“. Unternehmen werden in der Regel mit sehr vielen Daten konfrontiert, die ihnen eine Vielzahl von Möglichkeiten bieten, Nachhaltigkeitsdaten offenzulegen und Benchmarking für ESG-Investitionen zu unterstützen. Daher ist die Nachfrage nach ESG-Datenmanagement enorm angestiegen und wird voraussichtlich in den nächsten fünf Jahren jährlich um etwa 12 % wachsen. In Europa benutzten viele Vermögensbesitzer Plattformen wie Deepki und Measurabl in den USA, um die bestehende Messinfrastrukturen auf Portfolioebene zu Echtzeit-Dashboards für die Leistungsbewertung zu konsolidieren. Diese Plattformen bieten Integrationen in Berichtsrahmen wie den Global Real Estate Sustainability Benchmark (GRESB) und das Carbon Disclosure Project (CDP) an. Dadurch können Vermögensverwalter den Verwaltungsaufwand reduzieren und sich auf die Umsetzung ihrer ESG-Transformation konzentrieren.

Auch die ESG-Berichterstattung im Immobiliensektor hat sowohl in Umfang als auch in Tiefe erheblich zugenommen. Heutzutage betrachten etwa ein Drittel der Immobilieninvestoren die GRESB-Berichterstattung als obligatorisch, während im vergangenen Jahr Investoren mit einem Vermögen von über 136 Milliarden US-Dollar die Offenlegung von CDP-Daten gefordert haben. Zusätzlich setzen neue Gesetze wie die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und die Taskforce on Climate-related Financial Disclosure (TCFD) Unternehmen zunehmend unter Druck, ihre ESG-Performance nicht nur gegenüber Investoren, sondern auch öffentlich offenzulegen.

Immobiliengesellschaften erfassen mittlerweile systematisch umfangreiche Daten zu Emissionen, klimabezogenen Risiken und Chancen sowie Umweltrichtlinien. Diese Informationen werden aktiv veröffentlicht, um Transparenz zu schaffen und den Stakeholdern Einblick in die ESG-Leistungen der Unternehmen zu gewähren.

Strategie: Das fehlende Element zur Verbesserung der ESG-Performance

Obwohl viele Unternehmen inzwischen über die richtigen Tools zur Messung der Auswirkungen verfügen, bleibt das Management dieser Auswirkungen oft problematisch. Viele Unternehmen, die Grundlagendokumente zu Berichtszwecken erstellt haben, verfügen nun über öffentliche Verpflichtungen, ohne jedoch einen konkreten Plan zu haben, wie sie diese umsetzen wollen. Ebenso sind Unternehmen, die ehrgeizige Datenerhebungen in Angriff genommen haben, möglicherweise überfordert und wissen nicht, wie sie die stetig wachsenden Datenmengen interpretieren sollen. Während einige Unternehmen in den letzten Jahren große ESG-Fortschritte verzeichnen konnten, sehen sich andere mit einer schleppenden ESG-Performance, ehrgeizigen politischen Verpflichtungen und keiner Möglichkeit, die Lücke zu schließen, konfrontiert. Longevity Partners hat seit 2020 mit über 50 Kunden aus der Immobilienbranche in Bezug auf die ESG-Strategieberatung zusammengearbeitet. Durch die Entwicklung einer robusten ESG-Strategie konnten viele unserer Kunden ihre Datenressourcen in klare und erreichbare ESG-Ziele und KPIs umwandeln.

 

Bevor man startet, ist es wichtig zu wissen, wohin man will

Ein wichtiges Konzept bei der Entwicklung einer ESG-Strategie ist die Wesentlichkeit. Unternehmen besitzen zwar viele Daten und umfangreiche Berichterstattungshistorien, aber sie sind nur dann wertvoll für die Festlegung und Erreichung von Zielen, wenn sie genutzt werden, um die wesentlichen Aspekte der ESG-Leistung des Unternehmens zu identifizieren.

Bei der Bewertung der Wesentlichkeit geht es darum, zunächst die relevanten und leicht umsetzbaren Maßnahmen zu identifizieren, bevor Wege zur Verbesserung der weniger relevanten und potenziell schwierigeren Aspekte der Nachhaltigkeitsziele eines Unternehmens aufgezeigt werden. Ein integrierter Ansatz, der Peer-Reviews, die Einbeziehung von Stakeholdern und die Überprüfung der Gesetzgebung beinhaltet, ermöglicht es Unternehmen, ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie sie im Vergleich zu ausgewählten Mitbewerbern in den wesentlichen ESG-Dimensionen positioniert sind. Darüber hinaus gewinnen sie ein tiefgreifendes Verständnis dafür, was ihren Stakeholdern wichtig ist und klären ihre Position bezüglich der Anforderungen von Gesetzgebern und Investoren.

Indem Wesentlichkeit mit realistischen Zielen und Leistungskennzahlen verknüpft wird, kann die ESG-Strategie eines Unternehmens einen Wettbewerbsvorteil schaffen. Sie ermöglicht es, klare und bedeutungsvolle Ziele zu setzen und zu erreichen, die sowohl für Investoren, die Gesellschaft als auch den Planeten von Vorteil sind.

Sind Sie auf dem richtigen Weg?

Obwohl die Entwicklung einer Strategie entscheidend sein kann, um Unternehmen auf der ESG-Reise voranzubringen, ist es wichtig zu beachten, dass dies kein einmaliger Prozess ist. Genauso wie das Datenmanagement und die Berichtszyklen zunehmend in die jährlichen Geschäftspläne der Unternehmen integriert werden, ist die iterative Verfeinerung der Strategie entscheidend für den Erfolg. Live-Daten können genutzt werden, um den Fortschritt bei den wichtigsten Nachhaltigkeits-KPIs zu verfolgen und die Wirksamkeit einer Strategie zu bewerten. Dies ist besonders wichtig, wenn man bedenkt, dass ESG-Themen wie biologische Vielfalt, Klimarisiken und soziale Auswirkungen in der Berichterstattung zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Wettbewerbsvorteil durch eine gute Strategie

Um Nachhaltigkeitsziele im Immobiliensektor erfolgreich zu erreichen, bedarf es einer kohärenten, iterativen Strategie, die Datenmanagement und Reporting miteinander verbindet. Eine klare und solide Strategie ist unerlässlich, um Unternehmen dabei zu unterstützen, die steigenden Berichtspflichten gegenüber Investoren und Regierungen zu erfüllen und effektiv mit dem wachsenden Datenumfang umzugehen.

Wir sind uns bewusst, dass bestimmte Maßnahmen von entscheidender Bedeutung sind, um Datenmanagement und Berichterstattung langfristig in einen nachhaltigen und sicheren Wettbewerbsvorteil im Bereich des ESG-bewussten Kapitals umzuwandeln. Dazu gehören die Bewertung der Wesentlichkeit, die Überprüfung der Gesetzgebung, die Festlegung realistischer Ziele und KPIs sowie eine kontinuierliche Weiterentwicklung. Unternehmen, die diese Schritte nutzen, um Strategien zu entwickeln und ihre Datenmanagement- und Berichterstattungsaktivitäten zu integrieren, werden langfristig am meisten von der Umstellung auf Netto-Null profitieren.

 

Über die Verfasser 

James Fenna ist Senior Consultant bei Longevity Partners in London und Ole Seidler ist Senior Analyst und Strategy Country Lead im Münchner Büro.

Die Autoren bedanken sich bei Ding Li für ihre Unterstützung beim Verfassen des Artikels.

Longevity Partners verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Entwicklung effektiver, maßgeschneiderter Strategielösungen für Unternehmen der Immobilienbranche. Falls Sie mehr über die Dienstleistungen von Longevity Partners erhalten möchten, kontaktieren Sie bitte Ole der James

 

 

 

Quellen

[1] https://www.strategyand.pwc.com/de/en/functions/esg-strategy/esg-software-market.html

[1] https://www.gresb.com/nl-en/insights/gresb-2022-investor-member-survey-findings/

[1] https://www.cdp.net/en/info/about-us/what-we-do

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